Risiken 2015/2016
Aktuell laufen die Märkte wie geplant nach oben. Und ich sehe durchaus noch erhebliches Potential – kurz- mittel- und langfristig.
Die Krisen ebben ab, kaufbereites Geld gibt es im Überfluss und die Wirtschaft vor allem im Euroraum steht möglicherweise vor einer größeren Expansion. Etc., etc., etc..
Fazit:
Die Börsenampeln stehen noch immer auf grün – und das evtl. noch für Jahre. Wenn alles so schön bleibt, sehen wir in 2015 im DAX nicht nur die bis Mitte des Jahres angepeilten 12000, sondern vielleicht auch noch 13-14 Tsd.
In den nächsten Jahren sind dann Steigerungen bis auf 18-20 Tsd. ohne weiteres zu erzielen. Das klingt natürlich viel – aber für einen Markt, der noch 3-4 Jahre läuft, wäre das nichts Außergewöhnliches.
Aber – so schön wie jetzt bleibt es natürlich nicht 3-4 Jahre. In dieser Zeit werden uns vermutlich einige Krisen und Konflikte beschäftigen, die an den Börsen unweigerlich ihren Tribut fordern.
Mögliche Börsen-Risiken in 2015 oder später:
Zunächst korrigieren Börsen auch ohne erkennbaren Grund. Einfach weil die Kurse zuvor zu stark gestiegen sind und der Markt eine Auszeit nimmt. Eine solche Korrektur – z. b. minus 5 – 10% – ist immer möglich.
Aktuell sehe ich das aber noch nicht – dafür ist der Markt m. M. n. nicht hoch genug.
ÖL:
Ein großes Risiko für einen deutlichen Rücksetzer liegt auf jeden Fall im Ölpreis. Das aktuelle Niveau ist sicherlich noch OK, aber ein Absinken auf z. B. 25 $ – was jederzeit geschehen kann – dürfte weltweite Konsequenzen haben. Zum einen wird der Verbraucher zwar jubeln, zum anderen könnten aber die daraus entstehenden Probleme am Ende überwiegen.
In den Öl-Regionen in Afrika, Russland und vor allem im Nahen Osten würden dann nachhaltige wirtschaftliche und politische Krisen entstehen. Und wenn man sich schon jetzt die Verhältnisse z. B. im Nahen Osten ansieht, dann wird ersichtlich, dass dort dann kein Stein mehr auf dem anderen bleibt.
Für Europa – quasi umzingelt von solchen Staaten – wird es dann mehr als ungemütlich.
Europas Grenzen:
Aber auch ohne sinkende Ölpreise sind Europas Grenzen ein hohes Risiko!
Vor/seit ein paar Jahren war/ist Europa umgeben von diversen angeblichen Diktatoren. Oberst Gaddafi, Mubarak, Ben Ali, Saddam Hussein, Janukowitsch, Assad und Vladimir Putin sowie Lukaschenka.
Nun ja – das geht so natürlich nicht, dachten wir uns und haben die ersten 5 bereits aus dem Weg geräumt. Bei Assad und Putin hat es vorerst noch nicht funktioniert, bei Lukaschenka haben wir es noch nicht versucht.
Das Ziel des Westens ist klar: die Machthaber der betreffenden Länder werden zuerst gestürzt. Anschließend wird so viel „Porzellan“ wie möglich zerschlagen, dann wird schrittweise demokratisiert, dann werden Kredite bereitgestellt und anschließend diese Länder mit unseren Waren und Dienstleistungen überflutet.
Klingt eigentlich ganz gut soweit.
Leider dauern solche Prozesse i. d. R. länger als gedacht. Und so herrschen in vormals relativ ruhigen Gegenden wie Libyen, Irak und auch in der Ukraine jetzt Chaos, Terror und Gewalt. Stichwort IS etc..
Und diese Gewalt steht kurz vor dem Einzug nach Kerneuropa.
Somit stellen Europas Grenzen neben dem Ölpreis ein großes Gefahrenpotential dar, das wir vermutlich bei der Entmachtung der „ersten 5“ unterschätzt haben.
Folgerichtig tun wir vermutlich gut daran, jetzt nicht zu überpacen. Sollte Assad jetzt noch fallen, so stärken wir damit den IS noch weiter. Und sollte Putin fallen, so besteht das Risiko, dass Russland in verschiedene Militärblöcke zerfällt. Und dies ist beides keine angenehme Vorstellung.
Daher wäre es ratsam und auch gut für die Börsen, wenn wir uns erst mal mit den aktuellen Brandherden beschäftigen, bevor wir neues Feuer legen.
Baltikum/Moldawien:
Das aus heutiger Sicht größte Risiko für eine deutliche Korrektur der westlichen Weltbörsen wären russische „grüne Männchen“ im Baltikum oder Moldawien.
Bei meiner bisherigen Betrachtung des Ukraine-Konflikts habe ich ja „gefühlt“ eher prorussische Ansichten vertreten. Für mich waren es jedoch lediglich realistische Einschätzungen, da ich die Gesamtschuld der Angelegenheit eher 50:50 einschätze.
Was „grüne Männchen“ im Baltikum oder in Moldawien angeht, teile ich die grundsätzlichen Bedenken, die jüngst auch von Großbritannien geäußert wurden.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Russland innerhalb der nächsten 1-2 Jahre testweise ein paar Busladungen „Männer in anonymen Militäruniformen“ in die bestreffenden Gebiete schickt und dort lautstark mit russischen Fahnen herumlaufen lässt. Nicht mehr und nicht weniger. Aufgrund der politischen und ethnischen Gegebenheiten bietet sich das wahrscheinlich eher in Modawien/Transnistrien an, als im Baltikum.
Dies wäre vermutlich min. „halblegal“, würde aber international ein Erdbeben auslösen.
Ein solcher Schritt ist in jedem Fall dann zu erwarten, wenn sich die innenpolitische Lage in Russland zuspitzt. Aktuell denke ich, dass der Ukraine-Konflikt „ausreicht“, damit die russische Regierung die aktuelle Wirtschaftskrise innenpolitisch überleben kann. Wenn es aber kriseln sollte, dann wäre das ein aus russischer Sicht geeignetes Mittel, um sich im Inneren weiter an der Macht zu halten.
Für den DAX könnten das locker Minus 20% und mehr bedeuten, da dann die Schlagzeilen doch von einem potenziell großen Krieg zwischen Nato und Russland geprägt werden – vor allem wenn die „grünen Touristen“ durch Vilnius spazieren.
Auch hier sollte daher Entspannung und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland die Börsen positiv beeinflussen.
Bedauerlicherweise – und das muss ich leider sagen – stehen die Chancen auf eine „gütliche Einigung“ nicht sehr gut.
Weder die USA noch Russland sind aus politischen Gründen an einer Kooperation interessiert. Und wir Europäer sitzen leider genau zwischen den Stühlen.
Zinsen:
Die allgemein verbreitete Angst vor steigenden Zinsen ist für mich dagegen nach wie vor KEIN wirkliches Risiko für die Börsen. Steigende Zinsen sind für mich weiterhin ein KAUFARGUMENT! Steigende Zinsen bezeugen wirtschaftliche Stabilität und Wachstum – was daran riskant sein soll, entzieht sich noch immer meiner Kenntnis.
Euro/Griechenland:
Auch der „Euro“ und „Griechenland“ sind für mich aktuell keine Börsenrisiken.
Diverses:
Die aufgezählten Risiken sind nur eine kleine Auswahl aus dem durchaus ansehnlichen Risiko-Portfolio. Oftmals kommen jedoch – auch über Nacht – neue Risiken und Bedrohungen hinzu, die heute nur wenige auf der Agenda haben.
Fazit:
Die Chancen für 2015 und darüber hinaus sind weiterhin gut bis sehr gut. Aber es gibt Risiken. Einige werden wir abwenden können, andere nicht. Es gilt wachsam zu sein, aber nicht ängstlich. Krisen kommen und gehen – das gehört dazu.
Henry Littig
Backstagenews.de